von Martin Vogler

Ein zerrissenes Papier oder Foto in Photoshop gestalten – eine komplett nichtdestruktive Lösung

Zerrissene Papiere kommen bei ganz unterschiedlichen Gestaltungsaufgaben zum Einsatz. Der Gerissenes-Papier-Effekt wird zum Beispiel benötigt, um Papierschnipsel oder herausgerissene Löcher zu simulieren. Manchmal wird auch der Riss selbst zum Gestaltungsthema, etwa dann, wenn durch das Zerreißen die Trennung von Personen symbolisiert werden soll. Genau diesen Effekt wollen wir nun gestalten – und zwar ganz elegant ohne komplizierte Handarbeit.

Das Gestaltungsergebnis ist komplett nichtdestruktiv aufgebaut (Bild: MEV).

 

Natürlich gibt es auch für das Gestalten eines gerissenen Papiers wieder unterschiedliche Herangehensweisen in Photoshop.

Der Klassiker ist es, den gerissenen Teil mit dem Lassoauswahl-Werkzeug auszuwählen und die Kante dann in mehreren manuellen Arbeitsschritten auszuarbeiten. Die Lösung hat allerdings den Nachteil, dass man sie später nicht mehr so einfach feintunen kann.

Ein weiterer Weg wäre es, das gerissene Papier als Vorlage bei einer Bildagentur zu kaufen und dann einfach das Foto hineinzumontieren. Der Vorteil ist, dass man dabei mit fotorealistischem Material arbeiten kann und das Ergebnis auch im Detail realistisch aussieht. Allerdings kostet es Geld und man spart sich nur bedingt Arbeitszeit, da man nur Einheitsware erhält, die nicht immer gut zum Motiv passen muss. Das Motiv muss immer an den Riss angepasst werden.

Fotolia bietet zum Beispiel viele Arten von gerissenen Papieren an.

 

Lange Rede, kurzer Sinn – warum nicht einfach selbst machen? Meine Photoshop-Lösung ist komplett nichtdestruktiv aufgebaut und bietet dadurch mehrere Vorteile:

  • Es ist keine Handarbeit bzw. kein Zeichnen nötig.
  • Der Riss kann jederzeit nachträglich angepasst werden.
  • Das Fotomotiv kann schnell ausgetauscht werden.

Mein Riss soll die Trennung von zwei Personen symbolisch darstellen, so wie man es oft in diversen Zeitungen und Zeitschriften zu sehen bekommt.

Diesen Tipp als Video ansehen

Klicken Sie, um das Video auf Youtube anzusehen. Es öffnet sich ein neues Fenster.

Zum Abspielen bitte auf das Vorschaubild klicken. Wir weisen darauf hin, dass Endgeräteinformationen wie z.B. Ihre IP-Adresse an YouTube übermittelt werden. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.

Das Fotomotiv nichtdestruktiv zerreißen

1. Öffnet ein beliebiges Paarfoto in Photoshop.

Ein Paar. Noch ist es zusammen. (Foto: Pixabay)

 

2. Wählt mit dem Rechteckauswahl-Werkzeug die rechte Person so aus, dass sich die linke Auswahlkante zwischen beiden Personen befindet.

Auswahl der rechten Person

 

3. Wählt Ebene → Neue Füllebene → Farbfläche und stellt Schwarz als Farbe ein.

Neue Füllebene erstellt

 

4. Wandelt sowohl die Fotomotiv-Ebene als auch die Farbfüllung-Ebene in Smartobjekte um, indem Ihr sie einzeln markiert und Filter → Für Smartfilter konvertieren wählt.

Einen Riss über Filtereinstellungen simulieren

5. Markiert das Farbfüllung-Smartobjekt und wählt Filter → Verzerrungsfilter → Schwingungen. Nun gilt es, die Einstellungen so zu treffen, dass der Riss einigermaßen organisch aussieht.

Der Filter Schwingungen

 

Der Nachteil von Filtern ist es generell, dass hinter ihnen nur Rechenoperationen stehen, wodurch das Ergebnis bei nicht gewiefter Anwendung schnell als Computerarbeit enttarnt werden kann, da es beispielsweise zu rhythmisch bzw. zu homogen aussieht.

Dem kann aber ein wenig durch eine Kombination oder Mehrfachanwendung von Filtern entgegengewirkt werden – dank Smartobjekten sogar nichtdestruktiv. Wir werden also den Schwingungen-Filter nachfolgend mehrfach anwenden.

Bei der ersten Filteranwendung wählt Ihr folgende Werte:

  • Anzahl der Generatoren: 5
  • Wellenlänge: 1-50
  • Amplitude: 1-10
  • Art: Dreieck

Erste Filteranwendung

 

Dann wählt Ihr den Filter erneut und stellt folgende Werte ein:

  • Anzahl der Generatoren: 5
  • Wellenlänge: 10-120
  • Amplitude: 5-35
  • Art: Dreieck

Werte der zweiten Filteranwendung

 

Und dann wählt Ihr den Filter zum dritten Mal. Dieser erhält eine höhere Wellenlänge und eine Sinus-Einstellung, um ein leichte Biegung einzustellen. Und hier sind die Werte:

  • Anzahl der Generatoren: 10
  • Wellenlänge: 10-600
  • Amplitude: 10-60
  • Art: Sinus

So wirkt die finale Filterkombination.

 

Bitte beachtet, dass dies nur eine von unendlich vielen Einstellungskombinationen ist. Ich empfehle Euch, einfach auch mal ein wenig mit anderen Einstellungen herumzuexperimentieren. Dadurch erhaltet Ihr mitunter Ergebnisse, die deutlich besser zu Eurem Motiv passen. Zumindest aber lernt Ihr den Schwingungen-Filter und dessen Wirkungsweise ganz gut kennen.

Ebenenarbeiten

6. Erstellt unterhalb der Risshälften-Ebene eine neue leere Ebene.

7. Markiert beide Ebenen und wählt Filter → Für Smartfilter konvertieren.

8. Markiert das neue Smartobjekt und das Fotomotiv und drückt Strg/Befehl + G, um sie in eine Ebenengruppe zu legen. Gebt der Gruppe den Namen »Rechte Seite«.

9. Drückt Strg/Befehl + J, um diese Gruppe zu duplizieren, und gebt der neuen Gruppe den Namen »Linke Seite«.

Ebenen organisieren

 

Nichtdestruktives Zerreißen

Um nun zwei eigenständig verschiebbare Teile zu erhalten und dennoch sowohl den Riss als auch das Motiv jederzeit nachträglich anpassen zu können, gibt es eine elegante Lösung – die sogar ganz ohne Ebenenmasken auskommt.

10. Blendet erst einmal die Ebenengruppe »Linke Seite« aus.

11. In der Ebenengruppe »Rechte Seite« verschiebt Ihr die Motivebene über die schwarze Füllhälfte und wählt Ebene → Schnittmaske erstellen. Alternativ könntet Ihr auch mit gedrückter Alt-Taste auf die Linie zwischen beiden Ebenen im Ebenen-Bedienfeld klicken.

Schnittmaske erstellt

 

12. Blendet die rechte Seite aus und dafür die linke ein.

13. Doppelklickt rechts neben den Ebenennamen der schwarzen Füllhälfte, um die Mischoptionen zu öffnen. Stellt bei Flächendeckkraft »0 %« ein und bei Aussparung Leicht.

Aussparung leicht oder stark?

Bei der Einstellung Leicht wird nur innerhalb der Ebenengruppe, also bis zum Ende der Ebenengruppe, ausgespart, bei Stark ganz durch bis zum Hintergrund. Wenn Ihr also ein Hintergrundmotiv einbinden wollt, dann müsst Ihr Leicht wählen.

Oft übersehen, aber voller genialer Möglichkeiten: die Mischoptionen.

 

Und schon haben wir auch die linke Hälfte erzeugt.

 

Nun wollen wir beide Hälften auseinanderschieben und drehen. Da sich die Inhalte beider Hälften in Ebenengruppen befinden, müssen wir uns auch nicht sorgen, dass beim Skalieren oder Drehen Unstimmigkeiten auftreten könnten. Beide Teile werden immer proportional skaliert.

14. Erweitert die Arbeitsfläche über den Befehl Bild → Arbeitsfläche.

Arbeitsfläche erweitern

 

15. Markiert die Ebenengruppe »Linke Seite«, drückt Strg/Befehl + T, verschiebt sie leicht nach links und dreht sie auch ganz leicht nach links.

16. Die Ebenengruppe »Rechte Seite« verschiebt Ihr nach rechts und dreht sie nach rechts.

Drehen und Verschieben der Ebenengruppen

 

17. Nach dem Einbinden einer Hintergrundstruktur sieht es schon ganz gut aus. Jetzt müssen wir uns noch an die Gestaltung der Risskante machen.

Eine Hintergrundstruktur eingebunden

 

Eine Risskante simulieren

Im Prinzip muss nur die rechte Seite eine sichtbare Papierkante erhalten.

18. Dupliziert innerhalb der Ebenengruppe »Rechte Seite« die Farbfüllungsebene mit der Tastenkombination Strg/Befehl + J.

19. Markiert dann die untere Version (!) der Ebene und verschiebt sie mit den Pfeiltasten der Tastatur ein paar Pixel nach links.

Verschiebung des unteren Füllungsteils

 

20. Um der verschobenen Ebene eine Papierstruktur zu verpassen, erstellt einen neuen Ebenenstil Musterüberlagerung. Dort ladet Ihr Euch nach Klick auf das kleine Zahnrad-Icon die Muster Graustufen-Papier hinzu – klickt bei Nachfrage auf Anfügen, damit Eure Muster nicht überschrieben werden. Wählt dann das Muster Selbstgemachtes Papier.

Zuweisung einer Struktur über den Ebenenstil Musterüberlagerung

 

Und hier ist das Zwischenergebnis.

Zwischenergebnis

 

21. Dieses sieht jetzt noch zu glatt aus. Daher wollen wir die helle Kante nun über unseren Schwingungsfilter ein bisschen manipulieren, um es etwas zufälliger wirken zu lassen. Wählt also den Filter aus und stellt folgende Werte ein:

  • Anzahl der Generatoren: 4
  • Wellenlänge: 10-300
  • Amplitude: 1-30
  • Art: Dreieck

Nach der leichten Verzerrung der weißen Kante. Um die dadurch entstehenden weißen Ränder an den anderen Kanten brauchen wir uns jetzt nicht zu sorgen. Diese entfernen wir später über eine Ebenenmaske.

 

Nun besitzt eine Papierkante üblicherweise noch eine zweite, etwas dünnere Schicht, die manchmal sogar etwas breiter ausfällt.

22. Um sie zu simulieren, duplizieren wir die erste weiße Schicht und markieren die untere der beiden Versionen. Diese verschieben wir etwas weiter nach links und ändern dann die Schwingungen-Werte folgendermaßen:

  • Anzahl der Generatoren: 5
  • Wellenlänge: 1-400
  • Amplitude: 1-20
  • Art: Sinus

Um diese Kante ein wenig abzudunkeln und vergilbt wirken zu lassen, doppelklickt auf den Ebenenstil und fügt diesem innerhalb des Dialogs eine Farbüberlagerung hinzu mit

  • Füllmethode: Multiplizieren
  • Deckkraft: 50%
  • Farbe: #ddd4c1

Die zweite Kante wird etwas abgedunkelt und vergilbt.

 

Da man erst jetzt sehen kann, wie es insgesamt wirkt, macht es Sinn, die Abstände der beiden hellen Kanten zueinander und zum Foto noch einmal zu prüfen und ggf. anzupassen.

Die Risskante ist somit fertiggestellt.

 

Feintuning

Um die anderen Risskanten auszublenden, markiert die beiden soeben erstellen Ebenen und packt sie über Strg/Befehl + G in eine Ebenengruppe. Diese nennt Ihr »Risskante«. Dann erstellt Ihr für diese Ebenengruppe eine Ebenenmaske und malt die Kanten mit einer schwarzen Pinselspitze weg.

Kanten über eine Ebenenmaske bereinigen

 

Schließlich braucht Ihr den beiden Ebenengruppen »Linke Seite« und »Rechte Seite« nur noch jeweils einen Ebenenstil Schlagschatten zuzuweisen und Ihr seid auch schon fertig.

Das vorläufige Endergebnis

 

Das Motiv austauschen

Angenommen, Ihr wollt nun das Motiv gegen ein anderes austauschen, zum Beispiel dieses:

Hier ist doch was im Busch ... (Bild: Pixabay)

 

1. Doppelklickt auf das Motiv-Smartobjekt, um es zu öffnen.

2. Platziert das neue Motiv über dem alten.

Motiv im Smartobjekt platziert

 

Nach dem Schließen seht Ihr: Der Riss ist jetzt noch nicht an der richtigen Stelle. Wir müssen ihn nach links verschieben.

Riss noch an der falschen Stelle

 

3. Doppelklickt auf ein beliebiges Füllung-Smartobjekt, um es zu öffnen – es ist deswegen egal, auf welches Ihr klickt, weil es nur eine Version der schwarzen Risshälfte gibt. Alle anderen sind Instanzen dieses Smartobjekts und keine unabhängigen Versionen. Ändert Ihr es, ändern sich alle Riss-Ebenen automatisch entsprechend.

4. Wählt Fenster → Anordnen → 2 nebeneinander, um sowohl das Smartobjekt als auch dessen Eltern-Dokument nebeneinander sehen zu können. Das erleichtert Euch das Feintuning der Verschiebung.

Beide nebeneinander stellen, um schneller vergleichen zu können

 

5. Verschiebt die Risskante nach links. Um schnell zu überprüfen, wie sich das im Eltern-Dokument auswirkt, speichert das Smartobjekt über Strg/Befehl + S.

6. Wenn Ihr zufrieden seid, müsst Ihr noch den rechten Bereich, der durch die Verschiebung nicht mehr schwarz gefüllt ist, mit Schwarz füllen.

Der rechte Bereich muss wieder schwarz gefüllt sein.

 

Nach dem Schließen des Smartobjekts müsst Ihr die Ebenenmaske noch korrigieren und erhaltet dann folgendes Endergebnis:

Er (rechts) hat sie (links) mal wieder betrogen, und das hat er jetzt davon.

 

Fazit

Ihr habt mit diesem Composing eine ultraflexible Risskanten-Version erstellt, die Ihr nach Belieben auf neue Motive anwenden und auch ohne Probleme im Detail variieren könnt. Um eine andere Risskante zu erhalten, passt einfach die Schwingungen-Werte im Smartobjekt oder bei den (hellen) Kopien der Rissebenen an. Ihr könnt beide Teile auch beliebig drehen oder verschieben. Achtet lediglich darauf, dass Ihr die Ebenengruppen transformiert und nicht die enthaltenen Ebenen.

Variationen sind in Sekundenschnelle erstellt.

 

Zurück